Gesetzlich nötige Weichenstellungen zum Umgang mit „KI“


Zustimmung, Vergütung, Transparenz und Kennzeichnungspflicht: Das Netzwerk Autorenrechte legt sein Grundsatzpapier zu fortgeschrittener Informatik vor.


Die Kommission KI des Netzwerk Autorenrechte fordert die Politik auf, zügig klare Richtlinien für die Verwendung von sogenannter „Künstlicher Intelligenz“ im Buch- und Kultursektor zu entwickeln.
Insbesondere muss die zurzeit vergütungsfreie Ausnahme zum Text und Data-Mining (§44b) dringend reformiert werden, und der Einsatz von generativer Informatik (Wie GPT, Midjourney, Voice.AI) auf die Herkunft gestohlener Daten und Werke hin geprüft. Bereits jetzt entstehen zahlreiche kriminelle „KI-Geschäftsmodelle“, die unmittelbar Urheberinnen und Urheber massiv schädigen, etwa durch Identitätsdiebstahl, Fake-Bücher oder unlizenzierte Übersetzungen.
Um die Dringlichkeit des Handelns zu unterstreichen, hat die Kommission die existierenden Anwendungen von analysierender, assistierender und generativer Informatik im Buchsektor zusammengetragen, ihre Risiken und Nebenwirkungen bestimmt und die nötigen rechtlichen und bilateralen Rahmenbedingungen skizziert. Diese Matrix der Anwendungen im Buchsektor können Sie unter info@netzwerk-autorenrechte.de anfordern.
Hier finden Sie das Grundsatzpapier des Netzwerk Autorenrechte mit Hintergründen zu den „sieben Todsünden“ generativer KI, sowie ein Vokabelheft zur Einführung in Begriffe und technische Zusammenhänge.

Berlin, 4.09.2023

Generative, analytische und assistierende Informatik, Teilbereiche so genannter künstlicher „Intelligenz“, bedroht zahlreiche Arbeitsplätze und Einsatzgebiete in der Buchbranche und wird einige Berufe mittelfristig maschinell ersetzen; sei es in den Bereichen Text, Lektorat, Korrektorat, Herstellung, Umschlaggestaltung, Illustration, Übersetzung, Auswahl und Bearbeitung von Original- und übersetzten Manuskripten, Hörbuchproduktion oder bei Bewerbung und Vertrieb von Büchern. Bereits jetzt haben sich zahlreiche kriminelle und schädigende „Geschäftsmodelle“ im Buchsektor entwickelt – mit Fake-Autoren, Fake-Büchern und auch Fake- Lesern. Es wurde nachgewiesen, dass die Grundlagen für große Sprachmodelle wie GPT, Meta, StableLM, BERT aus Buchwerken erzeugt wurden, deren Quellen Schattenbibliotheken wie Library Genesis (LibGen), Z-Library (Bok), Sci-Hub und Bibliotik sind – Piraterieseiten. Ohne gesetzliche Regelung beschleunigen und ermöglichen generative Technologien die Ausweitung von Ausbeutung, Legitimation von Urheberrechtsverletzungen, Klimaschädigung, Diskriminierung, Informations- und Kommunikations-Verfälschung, Identitätsdiebstahl, Reputationsschädigung, Blacklisting, Honorar-Betrug und Vergütungsbetrug bei Verwertungsgesellschaften. Gleichzeitig ist eine genaue Betrachtung und Einschätzung nötig, um die einzelnen Aspekte der fortgeschrittenen Informatik zu kategorisieren und zu regeln; denn nicht jede smarte Software ist „KI“, nicht jede Anwendung ist gleichermaßen risikoreich. Wir als Gesellschaft, insbesondere als Kulturschaffende, als Urheber:innen, als Künstler:innen und als Autor:innen benötigen:

▪ Eine klare Rechtslage zu § 44b UrhG (Ausnahme zu Text und Data Mining, siehe Seite 10) inklusive einer Reform mit Vergütungspflicht.
▪ Freiwillige Entscheidungsmöglichkeiten zur Nutzung unserer Werke als „Trainings- material“, statt Akzeptanz bisheriger illegaler Nutzung oder unvergüteter Konditionen.
▪ Einen „clean slate“: Die sofortige Abschaltung jener generativer Foundation Models und der darauf entwickelten Anwendungen, die nachweislich auf Verletzungen von Urheberrechten und Persönlichkeitsrechten beruhen.

Die anhängende Matrix „KI im Buchsektor“ dient dazu, die (1) Praxis und Einsatzgebiete, (2) Risikoabwägungen und Vorteile, sowie aus unserer Sicht nötigen (3) gesetzlichen und (4) sektorspezifischen Rahmenbedingungen in folgenden drei Systemen zu überblicken:

▪ Assistierende Informatik
▪ Analysierende Informatik
▪ Generative Informatik

Zusätzlich stellen wir ein Vokabelheft zur Verfügung, um die Lesbarkeit der Matrix zu erleichtern und begrifflich in die technischen Zusammenhänge einzuführen. Die einleitende Präambel skizziert jene Bereiche, in denen generative „KI“ und ihre Herstellung, die aus dem „Output“ resultierenden kriminellen Geschäftspraktiken, sowie ihre Auswirkungen wie intersektionale Diskriminierung, Desinformation und schädigendem Wertschöpfungstransfer.

Autor:innen: Nina George, André Hansen I Redaktion: Dorrit Bartel, Tamara Leonard Anbieter-Recherche: Monika Pfundmeier

Präambel: Die als Verheißung versprochene Zukunft von KI beruht auf Diebstahl.

Die sich ausbreitende, zumeist unkritische Begeisterung für generative fortgeschrittene Informatik, wie etwa für große Sprach-, Bild- oder Audiomodelle, die auf Prompts hin kulturähnlichen Ausstoß produzieren, senkt die Wertschätzung für menschliche schöpferische Arbeit. Diese Begeisterung ist blind für die Herkunft dieser Systeme, als auch für die mittel- und langfristigen Konsequenzen – gegenüber schöpferischer Arbeit, aber insbesondere für die Gesellschaft und ihre sozialpolitischen Strukturen, inklusive des KSK-Ökosystems: Werden immer weniger Aufträge an menschliche Tätige vergeben, wird dies auch das gesamte Ökosystem der Künstlersozialkasse gefährden.

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