Berlin, 30.10.2020.
Autor:innenverbände fordern 25 Millionen Euro Bundesbudget für einen
nationalen Lesungsfonds für analoge und digitale Veranstaltungen.
Der zweite Literaturlockdown 2020 ist da. Und er wird erneut dramatische
Auswirkungen für die freiberuflichen Autor:innen und Übersetzer:innen mit sich bringen: Bereits die im
Frühjahr und Sommer 2020 aus Hilfsprogrammen geflossenen Summen haben die Einnahmenausfälle
nicht mal im Ansatz flächendeckend kompensiert. Weder erhielten hauptberufliche Literaturschaffende
Entschädigungen für ihre konkreten Einbußen durch Veranstaltungsausfälle noch adäquate Bundeshilfen,
die die Deckung der Lebenshaltungskosten erlaubten. Autor:innen und Übersetzer:innen gehen folglich
mit einem herben Verlust in den nun ebenso veranstaltungsfreien Winter – und sehen sich für 2021 mit
weiteren Folgen der Pandemie konfrontiert: Durch Verschiebung der ursprünglichen Erscheinungstermine,
durch Stornierung von Neuverträgen aufgrund verkleinerter Verlagsprogramme sowie sinkende
Vorschüsse durch die Verlagshäuser wird sich ihre Verlustspirale fortsetzen.
Zwar wurde im Juni 2020 durch die Staatsministerin für Kultur und Medien das eine Milliarde Euro
schwere Programm NEUSTART KULTUR aufgelegt. Hiervon flossen aber nur 5 Millionen in einen durch den
Deutschen Literaturfonds zur Unterstützung von Lesungen und digitalen Modellprojekten bereitgestellten
Förderfonds für Autor:innen, wobei jedoch Genres wie Sachbuch, aber auch Selfpublisher von der
Förderung ausgeschlossen blieben. Innerhalb von nur drei Monaten waren die ursprünglich bis Ende 2021
vorgesehenen Mittel der öffentlichen Hand aufgebraucht. Allein diese Nachfrage zeigt den
gesellschaftlichen Hunger nach literarischen Begegnungen.
Das Netzwerk Autorenrechte (NAR) plädiert daher für die Einrichtung eines Bundesbudgets für einen
nationalen Lesungsfonds für analoge und digitale Formate in Höhe von jährlich 25 Millionen Euro – für
alle Genres und Gattungen und unter Berücksichtigung von Aspekten wie Parität und Bibliodiversität.
Darüber hinaus werden die Länder aufgrund ihrer Kulturhoheit sowie die Kommunen aufgefordert,
nachhaltige Förderprogramme mit zeitgemäßen Honoraren zu entwickeln, wie etwa die Einrichtung von
Stipendienprogrammen für Buchprojekte aller Genres, und von digitalen Lesungsplattformen für
Bibliotheken und Schulen, die die Vergütung der Autor:innen sicherstellen.
„Autor:innen und Übersetzer:innen sind die Quellen der gesamten Wertschöpfungskette von 14,3
Milliarden Euro im Buchmarkt (BMWi, 10/2020)“, sagt Nina George, Präsidentin des Europäischen
Schriftsteller Dachverbands, des European Writers‘ Council. „Freiberuflich, auf eigene Verantwortung tätig
und dennoch am geringsten entlohnt, sind sie im Grunde die Arbeitgeber:innen aller 113.000 in der
Branche Beschäftigten. Doch es geht bei der Forderung nach einer angemessenen und nachhaltigen
Unterstützung auf Bundes- und Landesebene nicht nur um die ökonomische Dimension: Es geht um die
Quellen unserer freiheitlich-demokratischen Debatten- und Themenkultur“.
Deutschland kann es sich für seine Zukunft als Demokratie nicht leisten, weiter zuzusehen, wie das
Rückgrat von Literatur, Kunst und Kultur gebrochen wird.
Pressekontakt: Carlos Collado Seidel (ccolladoseidel@aol.com) und Nina George.
Das Netzwerk Autorenrechte (www.netzwerk-autorenrechte.de) repräsentiert 14 Verbände und über 15.500
AutorInnen und ÜbersetzerInnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mitglieder: 42erAutoren, A*dS
Autorinnen und Autoren der Schweiz, Autorinnenvereinigung e.V., Bundesverband junger Autoren und Autorinnen
(BVjA), Bundeskongress Kinderbuch, IG Autorinnen Autoren, Mörderische Schwestern e.V., Phantastik-Autoren-
Netzwerk (PAN) e.V., PEN-Zentrum Deutschland, PEN-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland.
Selfpublisherverband e.V., SYNDIKAT – Verein für deutschsprachige Kriminalliteratur, Verband deutschsprachiger
Übersetzerinnen und Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V. (VdÜ), Verband deutscher
Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) in ver.di.