Autor:innen und Übersetzer:innen sind die Quellen des Buchwirtschaftssektors mit seiner
Wertschöpfung von 13,5 Milliarden Euro in Deutschland. Als zentrale Ressource dieses Teilmarktes
der Kreativ- und Kulturwirtschaft (KKW) partizipieren sie jedoch nur mit 5 bis 10 Prozent der Erlöse
und gehen darüber hinaus in unbezahlte Vorleistung: Sie gehen privatwirtschaftliches Eigenrisiko ein
und werden weder für ihre Arbeitsleistung wie Seitenumfang oder Qualität, noch Recherche oder gar
Arbeitszeit bezahlt. Einzig die Werknutzung löst eine monetäre Beteiligung aus, wie etwa Verkauf,
Verleih oder Lizenzen.
Die vergütungsfreie Nutzung ihrer Arbeit durch Schranken und Ausnahmen im Urheberrechtsgesetz
oder gesetzlich erlaubte Nutzungen ohne Einwilligung der Urheber:innen mit nur geringer Vergütung
gehen zu Lasten ihres Einkommens – insbesondere durch die sich im Tagestakt rasant
weiterentwickelnden KI-Software-Produkte im Buchsektor.
Seit Jahren wird die professionelle Leistung von Schreibenden und Übersetzenden unvergütet und
ohne Zustimmung verwertet, um konkurrierende Softwareprodukte der sogenannten künstlichen
„Intelligenz“ zu entwickeln. Weltweit arbeiten Unternehmen wie Oracle, Alibaba, Google, Microsoft,
OpenAI, Nvidia oder Apple und Amazon an Textgeneratoren, maschineller Übersetzung und
synthetischer Vertonung von Textwerken zu Hörbüchern. Die Datensätze für das „Training“ von
Übersetzungs- und Selbstschreibsoftware beruhen neben im Internet zugänglichen gemeinfreien
Textwerken auch auf urheberrechtlich geschützten und digitalisierten Büchern der Jahre 2013–2021
und jünger, die von Piraterieseiten stammen.
Die seit 7.6.2021 in Kraft getretene Schrankenregelung zum unvergüteten Text und Data Mining
(TDM) macht auch außereuropäischen Unternehmen das Schürfen von Trainingsmaterial
beschämend leicht: Das für Online-Inhalte gesetzlich mögliche „maschinenlesbare Opt-out“, der
sogenannte Lizenz- oder Nutzungsvorbehalt anstatt einer Zustimmungspflicht, wird nirgends
angewandt, da es weder eine technische noch vertragliche Ausgestaltung dazu gibt.
Das Netzwerk Autorenrechte fordert dringend eine unter ethischen, urheberrechtlichen,
wirtschaftlichen, menschenrechtlichen und persönlichkeitsrechtlichen Aspekten weitreichende
Regulierung von KI-Systemen und Datennutzungen wie folgt:
Regulierter, vergütungspflichtiger und transparenter Umgang mit Datensätzen
1. Die TDM-Ausnahme mit vergütungspflichtiger Ausgestaltung verwertungsgesellschaftlich und wie
von der VG Wort bereits 2019 gefordert reformieren.
2. Freiwilliges Opt-in-Management für jede:n Urheber:in anwendbar gestalten. Im Übergangszeitraum
das gesetzlich vorgeschriebene und derzeit dysfunktionale „maschinenlesbare Opt-out“ durchsetzbar
und anwendbar implementieren.
3. Lizenzpflichten für die Entwickler:innen von KI-Produkten implementieren, um Kollektiv- sowie Individuallizenzen
mit Urheber:innen abzuschließen.
4. Eine explizite Nachweis- und Transparenzpflicht über die verwendeten Werke muss bei den Nutzer:
innen und entsprechend bei den Unternehmen liegen.
5. Bei Einsatz von sogenannten Klon-Stimmen, die von lebenden Personen und Sprecher:innen ohne
Zustimmung verwendet wurden, ist die explizite Zustimmung der menschlichen Sprechenden einzuholen,
und diese sind angemessen an Erlösen zu beteiligen.
Umgang mit KI-Anwendungen und KI-Produkten: AI ACT & Transparenzpflicht
6. Eine Kennzeichnungspflicht von mittels KI hergestellten Presse-, Buch- und Textwerken inkl. Übersetzungen
sowie Audiowerken wie Audiobooks, Hörspielen usw. ist einzuführen.
7. Europäischer AI-Act: Bisher ist keine Kennzeichnungspflicht für KI-Kulturwerke vorgesehen, sondern
in Artikel 52 (3) sogar eine Ausnahme mit unklarer Verantwortungszuweisung geschaffen worden.
Dies sollte keinesfalls im Trilog oder Rat Zustimmung finden.
8. Vor Verabschiedung des AI-Acts ist ein Stakeholder-Dialog mit der Kultur- und Kreativwirtschaft,
insbesondere den Urheber:innen anzusetzen, um Risiken zu bestimmen und Maßnahmen zum Schutz
der Urheber:innen, Kulturnutzer:innen und der Wirtschaftskraft zu entwerfen.
9. Maschinelle Übersetzung sollte nur selbstbestimmt von Übersetzer:innen eingesetzt werden. Bei
maschinell vorübersetzten Texten muss für „Post-Editing“ ein Stundensatz in einer festzulegenden
Mindesthöhe vereinbart werden. Verlage haben die Informationspflicht, gegenüber Autor:innen anzuzeigen,
ob ihre Texte maschinell (teil-)übersetzt wurden.
10. Das Urheberrecht muss bei den Übersetzer:innen verbleiben, unabhängig davon, ob sie selbst
eine Maschine einsetzen, oder sich ihre Bearbeitung des Originals auf eine maschinell erstellte Vorlage
des Verlags (o. ä.) stützt.